Es war sozusagen die Feuertaufe, der Probegalopp. Und was für einer. Für den FC Männedorf durfte ich 2020 vor meiner Selbständigkeit nebenberuflich eine wichtige Abstimmungskampagne leiten. Es hat enorm Spass gemacht – und ich habe viel gelernt: darüber, was in lokalen Abstimmungskämpfen elementar wichtig ist. Und es ging gut aus: Das ist für den FC fundamental wichtig und für mich bedeutet es ein schöner Start ins Abenteuer Selbständigkeit in der Kommunikation.
Bild: So soll es dereinst auf dem Widenbad in Männedorf aussehen: Visualisierung der neu gestalteten Sport- und Freizeitanlage. (Quelle: Gemeinde Männedorf.)
Es ging um die Erneuerung der Sport- und Freizeitanlage Widenbad, die heute attraktiv hoch über Männedorf gelegen Platz für den Fussballklub bietet, aber in Jahre gekommen ist: Die Rasen entwässern schlecht, die Platzgrössen entsprechen nicht mehr den Vorgaben des Fussballverbands, die Garderoben sind veraltet, der Raum wird knapp und es müssen Wartelisten geführt werden: Es rächt sich, dass jahrelang nicht wesentlich investiert wurde. Nun setzte die Gemeinde zu einem Befreiungsschlag an und legte zwei Varianten vor: Ein Gesamtprojekt für rund 18 und eine leicht verkleinerte Variante für knapp 14 Millionen Franken. Der FC sprach sich klar für die Gesamtvariante aus, die der ganzen Bevölkerung etwas bringt: Geplant sind auch ein Bistro, öffentliche Duschen etwa für Joggerinnen und Biker, ein Skaterpark, eine Pumptrack-Anlage, Outdoor-Fitness und Spielplätze: insgesamt eine Anlage, die am Zürichsee weit über Männedorf ausstrahlen kann.
Doch bringt man in der Coronazeit ein 18-Millionen-Projekt für eine Sportanlage durch – zumal die Gemeinde just vor der Abstimmung bekannt geben musste, dass im nächsten Jahr ein hohes Defizit droht? Wir haben es geschafft. Mit einer Zustimmung von 61 Prozent hat das Gesamtprojekt obsiegt, nächsten Sommer soll der Baustart sein. Den Einfluss einer Kampagne zu messen ist natürlich schwierig. So oder so: Die Männedörflerinnen und Männedörfler haben entschieden, dass sie sich das leisten wollen, vielleicht gerade auch wegen Corona, das zwar die Gemeindekasse belastet, aber eben auch das Zusammenleben – und für dieses ist die Aussicht auf ein augebautes Widenbad mit Treffpunkt-Potenzial natürlich verlockend. Gleichwohl lassen sich aus meiner Sicht einige Punkte festhalten, die in dieser Kampagne sehr gut aufgegangen sind und die Modell stehen können für andere lokale Abstimmungen.
1.) Es braucht ein Gesicht: In unserem Fall war dies der FC-Präsident Sergej Piattella, der sich unermüdlich und mit ansteckendem Enthusiasmus für dieses Projekt eingesetzt hat. Mit Fakten, durchdachten Argumenten, nicht missionarisch, aber hartnäckig.
2.) Es braucht frühzeitige und gezielte Direktansprache von Betroffenen des Projekts, von Interessengruppen, Parteien und Behörden sowie von meinungsstarken Privatpersonen. So haben wir im konkreten Fall dazu beitragen können, dass keine Partei die Nein-Parole fasste (einige sprachen sich für die günstigere Variante B aus, so auch die Rechnungsprüfungskommission). Und ganz allgemein gab es keine Opposition über Einzelstimmen hinaus.
3.) Ganz wichtig: Der Funke muss überspringen. Eine Abstimmung auf lokaler Ebene kann man nicht kaufen, nicht auslagern an eine professionelle All-Sevice-Agentur – sie muss getragen werden von den lokalen Akteuren, sie muss authentisch und glaubwürdig sein. Salopp gesagt: Im Zweifelsfall lieber etwas handgestrickt als clean und durchgestylt. Wir haben das zu erreichen versucht, indem wir ein Kernteam mit einem halben Dutzend Leuten und ein Kampagnenteam mit rund 30 Mitstreiter gebildet haben. Als Leiter war meine Rolle, die zwei Workshops zu führen und zu moderieren, an denen wir einen detaillierten Kommunikationsplan entwickelt und verbindlich verabschiedet haben. Absolut entscheidend für den Erfolg war, dass ganz viele der knapp 30 Mitglieder dieses Kampagnenteams mit enorm viel Einsatz und Herzblut wochenlang dabei blieben und den Abstimmungskampf prägten. Dank unterschiedlicher Fähigkeiten der Mitstreiterinnen und Mitstreiter entwickelte sich eine sehr vielseitige Kampagne: der eine buk Muffins für die Aktion am Markt, die andere gestaltete Flyer und Argumentarium, andere produzierten Videobeiträge mit prominenten Unterstützern und bewirtschafteten Social-Media-Kanäle.
4.) Und auch wichtig: Cool bleiben – Kritiker gibt es immer. Nicht jeder Leserbrief mit anderer Meinung muss schlaflose Nächte bereiten oder gar eine aggressive Antwort provozieren. Das Motto muss lauten: Fokussieren auf die eigenen Kernbotschaften, gezielt und ruhig kontern mit sachlichen Argumenten – und den eigenen Kommunikationsplan durchziehen. Wer Vertrauen in die eigenen Argumente hat und ausstrahlt, dem wird auch vertraut – und dies ist das wichtigste Gut in einem Abstimmungskampf.
Wer Genaueres erfahren will und wer weiterführenden Input hat: Sehr gerne. Ich freue mich über Austausch.
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