Wie wirkt sich der Medienwandel der letzten Jahre auf die Medien- und Öffentlichkeitsarbeit von Unternehmen, Verbänden und anderen Organisationen aus? Wie hat sich die politische (Kampagnen-)Arbeit verändert? Zusammen mit Christian Bretscher, der seit bald 30 Jahren Unternehmen und Führungskräfte bezüglich Strategie und Kommunikation berät, durfte ich der Zürcher Handelskammer zu diesen Themen einen tägigen Kurs geben.
Der Wandel ist tiefgreifend, das ist klar – wie konkret und wie tiefgreifend, ist mir in der Vorbereitung verstärkt bewusst geworden. Der Konzentration der Medientitel und der überregionalen Ressorts steht ein starker Ausbau im Digitalen gegenüber, von Datenjournalismus über Videoteams bis zu Podcast-Angeboten. Das Geschäftsmodell der Medienhäuser, die auf Qualitätsjournalismus setzen, hat sich radikal verändert: Statt Inserate und Printabonnements stehen zahlende Digitalkundinnen und Digitalkunden im Fokus, Nutzerzentrierung ist das Schlagwort der Stunde. Die Folge: Medien haben sich von der Chronistenpflicht verabschiedet, an Pressekonferenzen ohne speziellen Newswert geht kaum mehr eine Journalistin oder ein Journalist. Geschichten sind gefragt, eigene Zugänge – nicht mehr akkurate Dossierbetreuung.
Im Hinblick auf den Kurs habe ich gezielt mit rund zehn Journalistinnen und Journalisten aus dem Raum Zürich gesprochen - darüber, was sie von "der anderen Seite" erwarten, was für sie gute Medienarbeit ausmacht und welche Pressekonferenzen für sie analog oder digital noch interessant sind. Einer sagte: "Bei uns auf der Redaktion gibt es das Schimpfwort «PK-Journalismus» als Ausdruck für bequemen, nicht proaktiven Hängematten-Journalismus: Man geht an eine PK, trinkt Kaffee, bringt etwas Vorgestanztes zurück und schreibt eine Spalte." Das ist zugespitzt, spricht aber Bände - und diese veränderte Arbeitsweise der Redaktionen haben starke Auswirkungen darauf, wie Unternehmen, Verbände und andere Organisationen ihre Medien- und Öffentlichkeitsarbeit ausrichten müssen.
Ebenso stark gewandelt hat sich die politische Kampagnenarbeit – die Konzernverantwortungsinitiative verdeutlichte das eindrücklich. Was bewusst als spontane und vielstimmige Bürgerbewegung getarnt wurde, war in Tat und Wahrheit eine hochprofessionelle, zentral konzertierte und über Jahre umgesetzte Kampagne, die enorme Wirkung erzielt hat. Mit Drehbüchern und Strukturen aus früheren Zeiten ist dem nicht beizukommen. Wer interessiert ist an den Rezepten von Christian Bretscher und mir und zum Beispiel auch einen eintägigen Kurstag buchen möchte, kann sich gerne an mich wenden (oder an Christian Bretscher).
Das CO2-Gesetz ist abgelehnt worden, Klimaschutz bleibt wichtig, der Handlungsdruck bleibt hoch. Es ist denn jetzt auch nicht die Zeit, übereinander herzufallen. Stattdessen müssen Gewinner und Verlieren der Abstimmung nach vorne blicken und konkrete Lösungen aufzeigen, wie in den einzelnen Bereichen Verbesserungen erzielt werden können. Das gilt auch für die Luftfahrt. Das Komitee Weltoffenes Zürich, dessen Geschäftsführung ich inne habe, hat die Vorlage abgelehnt – weil der Luftfahrt wegen der fehlenden Zweckbindung just jene Mittel entzogen worden wären, die sie für die Entwicklung und Skalierung von nachhaltigen Treibstoffen braucht. Allfällige neue Vorlagen müssen diese Zweckbindung unbedingt berücksichtigen. Zentral sind weiterhin Investitionen in modernere und klimafreundlichere Flotten sowie international die Entwicklung des Klimainstruments CORSIA und des Emissionshandels. Mehr dazu in meinem Blog für das Komitee Weltoffenes Zürich.
Wie kann verhindert werden, dass der Geschäfts- oder Jahresbericht einer Organisation von kaum jemanden gelesen wird – und Dutzende nicht nachgefragte Exemplare irgendwo in einer Schublade verstauben? Das haben wir uns in dem Team auch gefragt, das den Jahresbericht für die Sozialinstitution APPISBRG in Männedorf plante und umsetzte. In der Diskussion mit Geschäftsleiter Ömer Güven und Grafikerin Andrea Nelson haben wir uns auf einige Grundsätze geeinigt. Sie lauten in der Kurzfassung: Der Geschäftsbericht soll Treiber sein, nicht bloss Spiegel. Er soll Verbindlichkeit schaffen. Das Mission Statement des Appisberg soll spürbar sein: Das Kernziel, Menschen mit Beeinträchtigungen den Weg in den ersten Arbeitsmarkt wieder zu ermöglichen. Und er soll so aufbereitet sein, dass er gut digital ausgespielt und die einzelnen Beiträge auf Social-Media-Kanälen verwertet werden können. Hier das Resultat. Und danke für die gute Zusammenarbeit ans APPISBERG-Team und die selbständige Grafikerin Andrea Nelson.
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